Der Duden definiert den Wert als
eine,
einer Sache innenwohnende, Qualität, aufgrund derer sie in einem
gewissen Maße begehrenswert ist (und sich verkaufen, vermarkten
lässt). Selbstwert bezeichnet psychologisch
gesehen, die emotionale Einschätzung des eigenen Wertes. Es handelt
sich also um eine subjektive Bewertung. In Umfragen und im Gespräch
mit Mitmenschen fällt auf, dass die Mehrheit ein sehr geringes
Selbstwertgefühl hat. Doch was sind die Ursachen dafür und gibt es
eine Möglichkeit den Selbstwert zu steigern und wenn ja welche?
Ausgangsproblem für einen Mangel an
Selbstwert ist das permanente Vergleichen und Messen von
Eigenschaften sowie der eigene Perfektionswunsch und das Gefühl, nie
die gestellten Anforderungen oder eigenen Erwartungen zu erfüllen.
Es herrscht sowohl ein intrinsischer als auch ein extrinsischer
Druck.
Eines der geläufigsten Beispiele
ist das Schulsystem. Gute Noten und Bildung werden heute automatisch
mit Intelligenz assoziiert. Intelligenz bestimmt den Marktwert und
ist deshalb eine gesellschaftlich anerkannte Maßeinheit für Wert,
wie die Definition des Dudens bereits gezeigt hat. Diese Haltung wird
uns ständig vorgelebt und zugeredet, weshalb wir uns persönlich
ebenfalls danach bewerten und messen. Denn daraus wird nicht nur
Erfolg, Geld und Glück gefolgert, sondern auch allgemeines Ansehen
und Anerkennung von Familie, Freunden, Bekannten und Fremden.
Prüfungen und Noten lassen Intelligenz also definierbar und messbar
erscheinen.
Bildungssysteme bestehen daraus, die
Bevölkerung einheitlich disziplinieren und erziehen zu wollen, da
dies dem nationalen und globalen Wohl dienen soll. Konkurrenz dient
hier als natürliches Selektionsmittel und ist darauf bedacht, das
Beste auswählen zu können, um einen möglichst großen Gewinn zu
erzielen. Kreativität und das Hinterfragen werden so gut wie möglich
eingedämmt, da diese Eigenschaften nicht direkt messbar sind und
somit keinen direkten Vergleich ermöglichen. Laut einer Studie sinkt
die Fähigkeit, mehrere Lösungswege in Erwägung zu ziehen, statt
eindimensional und linear zu denken drastisch ab dem Beginn des
Schulbesuches. Während im Alter von 3-5 Jahren 98 % diese Fähigkeit
besitzen, haben nur 32 % der 8-10 Jährigen diese Fähigkeit und
lediglich 10 % der 13-15 Jährigen sind in der Lage, unangepasst zu
denken. Gerade einmal 2% der über 25 Jährigen besitzt noch diese
Fähigkeit, was zeigt das fast jeder mit dieser Möglichkeit geboren
ist, sie aber durch die Standardisierung des Systems nahezu
eliminiert wird.
Wir sind also gefangen in einem
System, das die maschinelle Perfektion der Massen anstrebt. Dieser
Gedanke spricht jedoch gegen die Natur eines Menschen, insbesondere
eines Kindes, das noch nicht durch die jahrelange, man kann schon
fast sagen Manipulation, getrimmt wurde, zu gehorchen und noch
natürliche Neugier und eine eigene Denkweise besitzt. Jedoch soll
Individualität vernichtet werden, da Hinterfragen eines Menschen
durch seine persönliche Sichtweise die Gefahr von Aufständen,
Revolutionen und Umbrüchen birgt und den Frieden gefährdet, der
allgemeine Ruhe sowie weniger Aufwand für das System bedeutet, da
man weder Geld noch Mühe in Veränderungen stecken muss. Wir sind
alle Untertanen eines mächtigen Systems und einer scheinbar
unbesiegbaren Autorität, leider aber auch freiwillige Untertanen.
Natürlich stimmen wir Entscheidungen wie G8 nicht vollständig zu
und kritisieren permanent die Lehrer, die Schule, den Staat. Es muss
immer ein Schuldiger gesucht werden, als würde das Finden eines
Sündenbocks das Problem erheblich verbessern. Dieses kritische
Hinterfragen wird natürlich in der Schule gefördert aber nur die
passive und theoretische. Niemand würde wollen, dass ein einzelner
oder eine kleine Gruppe einen allzu starken Eigenwillen entwickelt,
sich plötzlich gegen dieses System erhebt und aktiv dagegen vorgeht.
Wir können also niemand anders dafür verantwortlich machen, dass
die Dinge uns nicht passen, wenn wir nicht bereit sind uns für
Veränderung einzusetzen. Und hierbei beginnt auch der eigene Wert
eine Rolle zu spielen:
Es herrschen vermutlich bei jeden
Menschen, egal wie selbstbewusst oder selbstverliebt er von außen
und oberflächlich erscheinen mag, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten
und Erfolgen. Denn Perfektion wird nicht als etwas Göttliches und
Unrealistisches, sondern als Norm, lediglich eine Erfüllung der
gestellten Forderungen, gesehen. Das Beste erfüllt gerade mal die
Erwartungen und selbst dann wird dies immer abgewertet durch den Neid
der Anderen und dem Gefühl, es nicht wirklich verdient zu haben und
nur durch Zufall oder Glück dies erreicht zu haben. Aber vor allem
das ständige Bewerten eines Wesens im Vergleich zu einem Anderen,
zerstört Selbstwertgefühl. Man kann eigentlich einen Apfel nicht
mit einer Birne vergleichen, da es sich um zwei verschiedene Objekte
handelt, aber trotzdem würde man sich den Preis, die Größe und die
Qualität anschauen und zu einer Konklusion kommen, was gekauft
werden sollte. Dieses Beispiel zeigt die Sinnlosigkeit von
Vergleichen zwischen ungleichen Gegenständen. Doch warum verstehen
wir das nicht wenn es um Lebewesen geht? Ursprünglich sollte
Konkurrenz zur Motivation dienen, etwas zu erreichen, doch nun wird
es als Druckmittel verwendet und diejenigen, die dem nicht
standhalten können, sind in unsrer Gesellschaft zum Scheitern
verurteilt, werden als schwach, dumm oder einfach unfähig beurteilt.
Ausüben von Druck durch Konkurrenz dient also als Probe, ob die
Persönlichkeit dem System und seinen Hürden standhält, was der
einzige Weg zum Erfolg sein soll.
Eine andere Sichtweise auf Wert,
anders als die weltlichen Messbarkeiten, ist die Liebe. Während
Selbstwert negativ von außen beeinflusst werden kann, kann dies auch
positive Eigenschaften mit sich bringen. Die Erkenntnis, dass man
unabhängig von jeden Verhalten und Erfolg von jemandem unterstützt
und geliebt wird, ist eine Entlastung. Und diese Liebe ist auch recht
häufig vorhanden z.B. bei Eltern, Großeltern, Geschwistern,
Haustieren oder Freunden, sie wird jedoch nicht konkret zum Ausdruck
gebracht bzw. uns direkt bewusst. Deshalb suchen wir stattdessen
Anerkennung, die wir glauben nur durch Leistung zu erreichen. Selbst
vor Gott glauben wir erst durch gute, religiöse Taten seine Liebe
erreichen zu können, doch diese Annahme ist falsch und sicherlich
auch nicht von Gott gewollt. Denn der Mensch ist für Gott ein
Ansprechpartner, unabhängig von dessen Aussehen oder Erfolg. Er
feiert den Menschen als Kreation von Leben und möchte, als der
Schöpfer dessen, ihm nahe stehen. Gott liebt jeden Menschen
bedingungslos und der Glaube an Gott bedeutet keine Demonstration der
Treue und des Glaubens sondern die Annahme dieser Liebe. Dadurch
entsteht das Gefühl von Nähe und dieser Faktor bildet die Grundlage
für die Selbstliebe, und diese ist wiederum eine Voraussetzung für
die Nächstenliebe. Denn das Anerkennen und Annehmen von Gottes Liebe
erschafft weitergeführt eine Kreislauf von Steigerung des
Selbstwertes und der Zuwendung gegenüber anderen, welche dann von
dem Anderen angenommen wird und dessen Selbstwertgefühl steigert und
darüber hinaus das Glücksgefühl, jemand anderen etwas
Nicht-Materielles und Unmessbares zu schenken und die Freude des
Anderen zu erfahren.
Würden man
nun ganz der Norm, die ursprüngliche Frage mit einer einzigen
richtigen Antwort beantworten müssen, wäre dies unmöglich, da wir
sehen, dass Selbstwert, wie die meisten Dinge, eigentlich nicht
messbar ist. Ein Mensch ist also weder 6,6 noch 13,4 Punkte wert und
somit auch nicht mehr oder weniger als jemand anders. Durch die
Zweifel an uns selbst und die Überforderung die der permanente
Zufluss von Informationen verursacht, fühlen wir uns jedoch
gezwungen, alles zu bewerten und zu vergleichen, um entscheiden zu
können wieviel Wert wir jemandem oder etwas zusprechen. Es geht also
letztendlich um Kontrolle. Doch eigentlich fördern wir dabei
Zerstörung einer ganzen Gesellschaft, obwohl wir genau das Gegenteil
durch die Standardisierung beabsichtigen. Jedem Menschen muss bewusst
werden, dass es jemanden gibt, der einen allein dafür liebt, das er
ist und man nichts leisten muss um dies zu erreichen. Gleichzeitig
sollten wir aber auch Andere wertschätzen und lieben und als
Verbündete statt Feinde durch die Welt gehen. Denn ein
unterdrückendes System ist nur so stark wie der Wille Derjeniger,
die sich, ohne zu hinterfragen, dem System unterwerfen. Wir brauchen
eine neue Denkweise. Als Ansatz dienst folgende Sichtweise, wobei
diese natürlich variieren wird, da wir ja nun mal nicht alle gleich
denken: Wir benötigen Veränderung, aber wie? Entweder wir sind der
festen Überzeugung, dass wir, da wir ja alle unzufrieden sind, gegen
Probleme vorgehen, aber nicht halbherzig sondern mit fester
Überzeugung und Wunsch nach Veränderung, was aber problematisch
ist, insofern als das man keine ganze Bevölkerung sofort aktiv gegen
ein „bewährtes“ System aufbringen kann. Oder andrerseits kann
man anstatt wieder den äußeren Einflüssen die Schuld für das
eigene Denken zuzuschreiben, seine eigene Einstellung ändern.
Schule, Noten, Beruf und die daraus hervorgerufene Konkurrenz sind
Teil unseres Lebens, sollten jedoch nur einen geringen Teil unseres
Lebens einnehmen. Statt sein Leben der Perfektion und dem Gefallen
aller zu widmen, sollte man sich sich selbst widmen, das heißt man
sollte die Freizeit als wichtigen Teil des Lebens sehen, die uns die
Möglichkeit zu Entfaltung gibt und zwar ohne Erfolgsdruck sondern
mit Spaß, Genuss am Jetzt und der kreativen Freiheit, die uns sonst
nicht gegeben ist. Ziel ist es also sich von äußeren Umständen zu
lösen und kleine Unzufriedenheiten auszublenden, sie keine Macht
mehr über uns haben zu lassen. Ein Beispiel hierfür ist die Kunst,
denn ein Mensch kann frei sein eigenes Kunstwerk gestalten ohne dabei
darauf achten zu müssen, ob ein Bild am Ende naturalistisch, eine
allgemein angesehenes Qualitätszeichen, ist sondern einfach um den
Prozess zu genießen, in dem er frei und ganz spontan nach dem
eigenen Willen etwas Einzigartiges erschafft. Denn genau das ist der
Ausweg und die Befreiung aus dem System, sie ist allein Kopfsache.
Wenn wir wollen, können wir uns davon lösen Dinge zu bewerten,
insbesondere uns Selbst und uns endlich den Selbstwert zusprechen,
den wir alle bereits besitzen. Dieser ist wie gesagt nicht messbar,
es zählt das Wesentliche, allein das Vorhandensein. So kommen wir zu
dem Schluss, dass man Selbstwert nicht messen kann, aber jeder Mensch
etwas wert ist und zwar unvorstellbar viel. Der Selbstwert ist einfach
die Fähigkeit diesen bewusst wahrzunehmen und anzunehmen.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen