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Donnerstag, 30. Oktober 2014

Was bin ich wert?

Der Duden definiert den Wert als eine, einer Sache innenwohnende, Qualität, aufgrund derer sie in einem gewissen Maße begehrenswert ist (und sich verkaufen, vermarkten lässt). Selbstwert bezeichnet psychologisch gesehen, die emotionale Einschätzung des eigenen Wertes. Es handelt sich also um eine subjektive Bewertung. In Umfragen und im Gespräch mit Mitmenschen fällt auf, dass die Mehrheit ein sehr geringes Selbstwertgefühl hat. Doch was sind die Ursachen dafür und gibt es eine Möglichkeit den Selbstwert zu steigern und wenn ja welche?
Ausgangsproblem für einen Mangel an Selbstwert ist das permanente Vergleichen und Messen von Eigenschaften sowie der eigene Perfektionswunsch und das Gefühl, nie die gestellten Anforderungen oder eigenen Erwartungen zu erfüllen. Es herrscht sowohl ein intrinsischer als auch ein extrinsischer Druck.
Eines der geläufigsten Beispiele ist das Schulsystem. Gute Noten und Bildung werden heute automatisch mit Intelligenz assoziiert. Intelligenz bestimmt den Marktwert und ist deshalb eine gesellschaftlich anerkannte Maßeinheit für Wert, wie die Definition des Dudens bereits gezeigt hat. Diese Haltung wird uns ständig vorgelebt und zugeredet, weshalb wir uns persönlich ebenfalls danach bewerten und messen. Denn daraus wird nicht nur Erfolg, Geld und Glück gefolgert, sondern auch allgemeines Ansehen und Anerkennung von Familie, Freunden, Bekannten und Fremden. Prüfungen und Noten lassen Intelligenz also definierbar und messbar erscheinen.
Bildungssysteme bestehen daraus, die Bevölkerung einheitlich disziplinieren und erziehen zu wollen, da dies dem nationalen und globalen Wohl dienen soll. Konkurrenz dient hier als natürliches Selektionsmittel und ist darauf bedacht, das Beste auswählen zu können, um einen möglichst großen Gewinn zu erzielen. Kreativität und das Hinterfragen werden so gut wie möglich eingedämmt, da diese Eigenschaften nicht direkt messbar sind und somit keinen direkten Vergleich ermöglichen. Laut einer Studie sinkt die Fähigkeit, mehrere Lösungswege in Erwägung zu ziehen, statt eindimensional und linear zu denken drastisch ab dem Beginn des Schulbesuches. Während im Alter von 3-5 Jahren 98 % diese Fähigkeit besitzen, haben nur 32 % der 8-10 Jährigen diese Fähigkeit und lediglich 10 % der 13-15 Jährigen sind in der Lage, unangepasst zu denken. Gerade einmal 2% der über 25 Jährigen besitzt noch diese Fähigkeit, was zeigt das fast jeder mit dieser Möglichkeit geboren ist, sie aber durch die Standardisierung des Systems nahezu eliminiert wird.
Wir sind also gefangen in einem System, das die maschinelle Perfektion der Massen anstrebt. Dieser Gedanke spricht jedoch gegen die Natur eines Menschen, insbesondere eines Kindes, das noch nicht durch die jahrelange, man kann schon fast sagen Manipulation, getrimmt wurde, zu gehorchen und noch natürliche Neugier und eine eigene Denkweise besitzt. Jedoch soll Individualität vernichtet werden, da Hinterfragen eines Menschen durch seine persönliche Sichtweise die Gefahr von Aufständen, Revolutionen und Umbrüchen birgt und den Frieden gefährdet, der allgemeine Ruhe sowie weniger Aufwand für das System bedeutet, da man weder Geld noch Mühe in Veränderungen stecken muss. Wir sind alle Untertanen eines mächtigen Systems und einer scheinbar unbesiegbaren Autorität, leider aber auch freiwillige Untertanen. Natürlich stimmen wir Entscheidungen wie G8 nicht vollständig zu und kritisieren permanent die Lehrer, die Schule, den Staat. Es muss immer ein Schuldiger gesucht werden, als würde das Finden eines Sündenbocks das Problem erheblich verbessern. Dieses kritische Hinterfragen wird natürlich in der Schule gefördert aber nur die passive und theoretische. Niemand würde wollen, dass ein einzelner oder eine kleine Gruppe einen allzu starken Eigenwillen entwickelt, sich plötzlich gegen dieses System erhebt und aktiv dagegen vorgeht. Wir können also niemand anders dafür verantwortlich machen, dass die Dinge uns nicht passen, wenn wir nicht bereit sind uns für Veränderung einzusetzen. Und hierbei beginnt auch der eigene Wert eine Rolle zu spielen:
Es herrschen vermutlich bei jeden Menschen, egal wie selbstbewusst oder selbstverliebt er von außen und oberflächlich erscheinen mag, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten und Erfolgen. Denn Perfektion wird nicht als etwas Göttliches und Unrealistisches, sondern als Norm, lediglich eine Erfüllung der gestellten Forderungen, gesehen. Das Beste erfüllt gerade mal die Erwartungen und selbst dann wird dies immer abgewertet durch den Neid der Anderen und dem Gefühl, es nicht wirklich verdient zu haben und nur durch Zufall oder Glück dies erreicht zu haben. Aber vor allem das ständige Bewerten eines Wesens im Vergleich zu einem Anderen, zerstört Selbstwertgefühl. Man kann eigentlich einen Apfel nicht mit einer Birne vergleichen, da es sich um zwei verschiedene Objekte handelt, aber trotzdem würde man sich den Preis, die Größe und die Qualität anschauen und zu einer Konklusion kommen, was gekauft werden sollte. Dieses Beispiel zeigt die Sinnlosigkeit von Vergleichen zwischen ungleichen Gegenständen. Doch warum verstehen wir das nicht wenn es um Lebewesen geht? Ursprünglich sollte Konkurrenz zur Motivation dienen, etwas zu erreichen, doch nun wird es als Druckmittel verwendet und diejenigen, die dem nicht standhalten können, sind in unsrer Gesellschaft zum Scheitern verurteilt, werden als schwach, dumm oder einfach unfähig beurteilt. Ausüben von Druck durch Konkurrenz dient also als Probe, ob die Persönlichkeit dem System und seinen Hürden standhält, was der einzige Weg zum Erfolg sein soll.
Eine andere Sichtweise auf Wert, anders als die weltlichen Messbarkeiten, ist die Liebe. Während Selbstwert negativ von außen beeinflusst werden kann, kann dies auch positive Eigenschaften mit sich bringen. Die Erkenntnis, dass man unabhängig von jeden Verhalten und Erfolg von jemandem unterstützt und geliebt wird, ist eine Entlastung. Und diese Liebe ist auch recht häufig vorhanden z.B. bei Eltern, Großeltern, Geschwistern, Haustieren oder Freunden, sie wird jedoch nicht konkret zum Ausdruck gebracht bzw. uns direkt bewusst. Deshalb suchen wir stattdessen Anerkennung, die wir glauben nur durch Leistung zu erreichen. Selbst vor Gott glauben wir erst durch gute, religiöse Taten seine Liebe erreichen zu können, doch diese Annahme ist falsch und sicherlich auch nicht von Gott gewollt. Denn der Mensch ist für Gott ein Ansprechpartner, unabhängig von dessen Aussehen oder Erfolg. Er feiert den Menschen als Kreation von Leben und möchte, als der Schöpfer dessen, ihm nahe stehen. Gott liebt jeden Menschen bedingungslos und der Glaube an Gott bedeutet keine Demonstration der Treue und des Glaubens sondern die Annahme dieser Liebe. Dadurch entsteht das Gefühl von Nähe und dieser Faktor bildet die Grundlage für die Selbstliebe, und diese ist wiederum eine Voraussetzung für die Nächstenliebe. Denn das Anerkennen und Annehmen von Gottes Liebe erschafft weitergeführt eine Kreislauf von Steigerung des Selbstwertes und der Zuwendung gegenüber anderen, welche dann von dem Anderen angenommen wird und dessen Selbstwertgefühl steigert und darüber hinaus das Glücksgefühl, jemand anderen etwas Nicht-Materielles und Unmessbares zu schenken und die Freude des Anderen zu erfahren.
Würden man nun ganz der Norm, die ursprüngliche Frage mit einer einzigen richtigen Antwort beantworten müssen, wäre dies unmöglich, da wir sehen, dass Selbstwert, wie die meisten Dinge, eigentlich nicht messbar ist. Ein Mensch ist also weder 6,6 noch 13,4 Punkte wert und somit auch nicht mehr oder weniger als jemand anders. Durch die Zweifel an uns selbst und die Überforderung die der permanente Zufluss von Informationen verursacht, fühlen wir uns jedoch gezwungen, alles zu bewerten und zu vergleichen, um entscheiden zu können wieviel Wert wir jemandem oder etwas zusprechen. Es geht also letztendlich um Kontrolle. Doch eigentlich fördern wir dabei Zerstörung einer ganzen Gesellschaft, obwohl wir genau das Gegenteil durch die Standardisierung beabsichtigen. Jedem Menschen muss bewusst werden, dass es jemanden gibt, der einen allein dafür liebt, das er ist und man nichts leisten muss um dies zu erreichen. Gleichzeitig sollten wir aber auch Andere wertschätzen und lieben und als Verbündete statt Feinde durch die Welt gehen. Denn ein unterdrückendes System ist nur so stark wie der Wille Derjeniger, die sich, ohne zu hinterfragen, dem System unterwerfen. Wir brauchen eine neue Denkweise. Als Ansatz dienst folgende Sichtweise, wobei diese natürlich variieren wird, da wir ja nun mal nicht alle gleich denken: Wir benötigen Veränderung, aber wie? Entweder wir sind der festen Überzeugung, dass wir, da wir ja alle unzufrieden sind, gegen Probleme vorgehen, aber nicht halbherzig sondern mit fester Überzeugung und Wunsch nach Veränderung, was aber problematisch ist, insofern als das man keine ganze Bevölkerung sofort aktiv gegen ein „bewährtes“ System aufbringen kann. Oder andrerseits kann man anstatt wieder den äußeren Einflüssen die Schuld für das eigene Denken zuzuschreiben, seine eigene Einstellung ändern. Schule, Noten, Beruf und die daraus hervorgerufene Konkurrenz sind Teil unseres Lebens, sollten jedoch nur einen geringen Teil unseres Lebens einnehmen. Statt sein Leben der Perfektion und dem Gefallen aller zu widmen, sollte man sich sich selbst widmen, das heißt man sollte die Freizeit als wichtigen Teil des Lebens sehen, die uns die Möglichkeit zu Entfaltung gibt und zwar ohne Erfolgsdruck sondern mit Spaß, Genuss am Jetzt und der kreativen Freiheit, die uns sonst nicht gegeben ist. Ziel ist es also sich von äußeren Umständen zu lösen und kleine Unzufriedenheiten auszublenden, sie keine Macht mehr über uns haben zu lassen. Ein Beispiel hierfür ist die Kunst, denn ein Mensch kann frei sein eigenes Kunstwerk gestalten ohne dabei darauf achten zu müssen, ob ein Bild am Ende naturalistisch, eine allgemein angesehenes Qualitätszeichen, ist sondern einfach um den Prozess zu genießen, in dem er frei und ganz spontan nach dem eigenen Willen etwas Einzigartiges erschafft. Denn genau das ist der Ausweg und die Befreiung aus dem System, sie ist allein Kopfsache. Wenn wir wollen, können wir uns davon lösen Dinge zu bewerten, insbesondere uns Selbst und uns endlich den Selbstwert zusprechen, den wir alle bereits besitzen. Dieser ist wie gesagt nicht messbar, es zählt das Wesentliche, allein das Vorhandensein. So kommen wir zu dem Schluss, dass man Selbstwert nicht messen kann, aber jeder Mensch etwas wert ist und zwar unvorstellbar viel. Der Selbstwert ist einfach die Fähigkeit diesen bewusst wahrzunehmen und anzunehmen.


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